563 Lebensjahre bewältigen den Jakobsweg über die Pyrenäen

563 Lebensjahre bewältigen den Jakobsweg über die Pyrenäen

563 Lebensjahre bewältigen den Jakobsweg über die Pyrenäen

# Einblick

563 Lebensjahre bewältigen den Jakobsweg über die Pyrenäen

Mit allergrößtem Respekt und einer gehörigen Portion Unsicherheit, was uns auf dem Jakobsweg über die Pyrenäen bei hochsommerlichen Temperaturen erwartet, fanden wir acht Pilgerfreunde (Gesamtalter 563 Jahre! 6 w, 2 m) der Ev. Stiftskirchengemeine Diez uns zu Beginn der Tour in der Kirche von Saint-Jean-Pied-de-Port zu einem Mut machenden Impuls und einem gemeinsamen Gebet ein. 

Denn der Namenszusatz erklärt, was die Pilger erwartet:

Pied de Port heißt „am Fuße des Passes“. Hier endet die von uns bereits „erpilgerte“ französische Zubringerroute Via Podiensis und es beginnt der spanische Jakobsweg Camino Francés, den schon Napoleon und Karl der Große auf ihren Feldzügen benutzt haben.

Im Pilgerbüro erhielten wir unseren ersten Stempel für den Pilgerpass und wertvolle Hinweise auf bevorstehende Gefahrenstellen. 200 Pilgerkilometer bis Nájera, aufgeteilt in 10 Etappen, lagen nun vor uns. In zwei Tagesetappen ging es bei über 30 Grad Hitze von 200 m stetig steil bergan auf 1437 m über den Col de Lepoeden in den Pyrenäen und wieder steil ab nach Roncesvalles und weiter zu unserem Ziel Burguete. Insgesamt 28 Kilometer. 

„Je steiniger der Weg, desto wertvoller das Ziel“, selten war ein Zitat zutreffender.

Steine unterschiedlicher Größe und Geröll erschwerten immer wieder unseren Weg und die ersten klagten über Blasen an den Füßen. Der anhaltende Aufstieg in der Mittagssonne im August war sehr beschwerlich und schweißtreibend. Ans Aufgeben dachte niemand. Unser zähes Durchhaltevermögen wurde dafür von einer atemberaubenden Fernsicht auf, die wie in Moos gebetteten Berge und saftigrünen Täler belohnt, in denen Rinderherden, zottelige Manech-Schafe und prächtige, freilaufende Pferde friedlich grasten. Stolz, ehrfürchtig und mit einem Glücksgefühl genossen wir das Erreichen des Gipfels. In Burguete übernachteten wir in einer historischen Herberge, in der schon Hemingway sein Buch „Fiesta“ geschrieben hat. Ein beeindruckender Sonnenaufgang, umgeben mit Nebelschwaden wie Wattewölkchen, belohnte unser frühes Aufstehen für die nächste Etappe, die uns wegen der Spitzentemperatur von 45 Grad C um die Mittagszeit alles abverlangte, denn es ging noch einmal bergauf über den Erro-Pass. Immer wieder ging es über alte und berühmte Steinbrücken (Tollwut-Brücke), durch kleine Städtchen und Weiler, entlang trockener Felder mit leuchtend rotem Boden, auf dem vorwiegend Rioja-Trauben, Mandeln, Spargel und Sonnenblumen angebaut werden. Sehenswürdigkeiten gab es zuhauf. 

Die imposante Kathedrale von Pamplona mit seinem goldenen Altar und dem angrenzenden Kreuzgang, auch die Kirchen von Logrono und Navarrete waren bis unter die Decke reichhaltig und pompös mit Gold geschmückt. Es gab aber auch die einfachen kleinen Kapellen, in denen wird Kühle fanden und innehielten. Wir überquerten den Pass der Vergebung (Alto del Perdon) mit seinen berühmten Pilgerskulpturen und kosteten selbstverständlich am prominenten Weinbrunnen „Fuente del Vino“ den gratis angebotenen, durchaus schmackhaften Rotwein. 

Wir erlebten das ausgelassene Feiern der Spanier um Mariä Himmelfahrt. Fast in jedem Ort wurde bis in die Morgenstunden ausgiebig und temperamentvoll mit der ganzen Familie und Nachbarschaft draußen auf der Straße mit lauter Musik gefeiert und uns der Schlaf geraubt. 

Wir wurden Zeugen von Stierkämpfen in kleinen Arenen; hier ging es nicht um das Töten der Tiere, mutige junge Männer stellten sich den heranstürmenden Bullen in den Weg, um diesen dann artistisch, teilweise mit Salto über den Stier, unter dem Applaus der Zuschauer, geschickt auszuweichen. Es waren wieder die internationalen Begegnungen auf dem Jakobsweg, die uns beeindruckten.  


Resümee:

Wir haben uns angestrengt wie niemals zuvor.

Wir waren so stolz wie noch nie.

Wir waren die ältesten Pilger und fühlten uns jung.

Wir haben die friedliche Zeit ohne tägliche Horrornachrichten genossen.

Wir haben kein Wort spanisch verstanden und trotzdem viele Kontakte gehabt.

Wir haben beeindruckende Landschaften erlebt und in Erinnerung behalten.

Wir haben prachtvolle Gebäude, Kirchen und Kathedralen bewundert.

Wir haben uns jeden Tag an den Händen gehalten und uns Mut zugesprochen.

Wir haben niemals aufgegeben.

Und, wir werden die restlichen 550 Kilometer bis Santiago de Compostela auch noch schaffen. 

Renate John, Christian Fuchs und Karl Hofstätter

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